Kaum ein Thema wurde unter Lohrerinnen und Lohrern in den letzten Jahren so ausgiebig und teilweise auch kontrovers diskutiert wie der heutige, beeindruckende Neubau der Stadthalle Lohr und seine Entstehungsgeschichte.
Und dabei ist es wie so oft: Der Blick zurück lässt besser verstehen, welche Bedeutung das Bauwerk für die Stadt Lohr und die örtliche Bevölkerung hat. Wer versteht, mit welchem Enthusiasmus sich die Bevölkerung schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg für den Bau eines kulturellen und sozialen Mittelpunktes ihrer Stadt eingesetzt hat, wird nachvollziehen können, welches Gewicht der neuen Stadthalle auch heute wieder zukommt.
Hier haben wir die wichtigsten Stationen dieser spannenden Historie für Sie zusammengefasst:
1948
8. Oktober
Gründung des Stadthallenvereins
Der neue Bürgermeister Dr. Ignaz Nebel rief die Lohrer Bürgerinnen und Bürger im Gasthaus „Fuchsen“ zusammen. Nach dem Krieg waren in Lohr kaum noch Gemeinschaftsräume vorhanden. An diesem Tag wurde der Stadthallenverein ins Leben gerufen.
Den Vorsitz übernahm fortan der jeweils amtierende Bürgermeister, der Vorstand setzte sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Besonders hervorgetan haben sich Franz Back, Dr. Lemo Schecher und Ludwig Scheiper. Ziel des Vereins war es, ein Kultur- und Sportzentrum für Bürgerinnen und Bürger zu gründen.
1950
5. Dezember
Übergabe der McCloy-Spende
Eineinhalb Jahre lang versuchte der Verein nach seiner Gründung vergeblich, Finanzmittel für den Bau der Stadthalle zu generieren. Schließlich gelang es dem Vorstand, eine Spende von den amerikanischen Besatzern zu erhalten. US-Hochkommissar McCloy stiftete 90.000 D-Mark.
Die Zeitung schrieb diesen Erfolg vor allem Franz Back, Ludwig Scheiper und Dr. Lemo Schecher zu. Gemeinsam mit dem US-Residenten Edward R. Garrison hatten sie die Verantwortlichen überzeugen können. Weitere 10.303,75 D-Mark kamen an privaten Spendengeldern zusammen. Die Stadtverwaltung bezuschusste das Projekt mit 78.372 D-Mark.
Bild: Privatarchiv Brigitte Krautwald
1951
Sommer
Baubeginn in der Jahnstraße
In großen Schritten ging der Bau der Stadthalle voran. Bereits acht Wochen nach dem feierlichen Spatenstich am 10. Juni konnte Bauunternehmer Franz Ruf am 1. August 1951 die Richtkrone auf den Dachstuhl setzen lassen.
Mit der Hilfe vieler fleißiger Bürgerinnen und Bürger entstand in Rekordzeit ein Gebäude mit einer Grundfläche von 40 x 15 Metern. Der Festsaal fasste 650 Besucher.
Bild: Privatarchiv Brigitte Krautwald
1951
15. Dezember
Einweihung der Stadthalle
Bis kurz vor Beginn der Feierlichkeiten in der Jahnstraße bereiteten viele freiwillige Helfer die Stadthalle für die Gäste vor: „Keiner fühlte sich zu schade, Hand anzulegen, und man sah Stadträte, Betriebsunternehmer und Handwerker – hier vor allem die Lohrer Gärtnereibetriebe – in gemeinsamer Front stehen, bis jeder Stuhl und jeder Tisch und die Blumen auf ihnen ihren Standort hatten“, schrieb die Lohrer Zeitung am 17. Dezember 1951.
Viele Ehrengäste kamen zur offiziellen Eröffnung der Stadthalle in Lohr a.Main. Den feierlichen Rahmen lieferten das Streichorchester der Stadtkapelle und vier Lohrer Gesangsvereine.
50er-
und 60er-Jahre
Sukzessiver Ausbau
Die Stadthalle entwickelte sich schnell zu einem beliebten Veranstaltungsort. Zwischen 1951 und 1965 wurde das Gebäude Stück für Stück erweitert. Schon im ersten Jahr nach der Eröffnung kam eine Tanzterrasse hinzu. 1954 folgten ein Flügelanbau mit einem kleinen Saal inklusive Bar – der „Grüne Saal“, ein Küchentrakt mit Kühlräumen sowie ein Weinkeller.
1957 ergänzte man den Bühnensaal und eine geräumige Garderobe. Schließlich wurde 1965 die vollautomatische Kegelbahn eingerichtet. Zwischen 1951 und 1972 hatte der Stadthallenverein insgesamt 800.000 D-Mark investiert. Dieses Geld stammte in vollem Umfang aus den Einnahmen der Stadthalle.
Bild: Privatarchiv Gloria Krug
1973
31. März
Übergabe der Stadthalle an die Stadt Lohr a.Main
Im März 1972 löste sich der Stadthallenverein auf. Gemäß der Satzung fiel das Gebäude damit an die Stadtverwaltung Lohr a.Main. Nach einer einjährigen Übergangszeit zur Abwicklung des Betriebs übergab der Geschäftsführer Franz Back im März 1973 die Halle an die Stadt.
Es standen umfassende Renovierungsarbeiten und eine erneute Erweiterung an. Bis die Bauarbeiten begannen, kümmerten sich übergangsweise zwei aktive Altherrenfußballer des TSV Lohr mit vielen Unterstützern um die Stadthalle: Michael Schwind und Ernst Distler.
Bild: Lohrer Echo
1975
28. April
Wiedereröffnung der „guten Stube der Stadt“
Nach einjähriger Bauzeit öffnete die Stadthalle Lohr wieder ihre Pforten: Der große Festsaal war renoviert und die Bühne mit entsprechender Technik ausgestattet worden. Das vergrößerte Foyer diente nun als Erweiterung des Festsaals. Bei Großveranstaltungen konnte man zusätzlich die Gaststätte mit dem großen Saal verbinden.
Mit der Verlegung des Minigolfplatzes entstand Raum für eine größere Terrasse. Auch die Gaststätte wurde erweitert und renoviert. Kegelbahn und Diskothek erhielten einen frischen Anstrich und einen eigenen Eingang. Insgesamt wuchs die Stadthalle um 500 m2 und 100 Sitzplätze.
2003
bis 2006
Sanierung oder Neubau?
Bereits vor der Jahrtausendwende gab es Überlegungen, ob man die alte Stadthalle sanieren oder einen Neubau anstreben solle. Zwischen 2001 und 2008 gab es insgesamt drei unterschiedliche Entwürfe, die allesamt entweder vom Stadtrat oder von den Bürgerinnen und Bürgern abgelehnt wurden.
Die baulichen Mängel an der bestehenden Stadthalle waren inzwischen so groß geworden, dass sie im Dezember 2006 abgerissen wurde.
Bild: Wolfgang Dehm/Main-Post
2011
Ab November
Bez + Kock planen die neue Stadthalle
Nach einer europaweiten Ausschreibung entschied sich die Stadt schließlich für die Zusammenarbeit mit Bez + Kock aus Stuttgart als Generalplaner.
Nach mehreren Entwürfen und der Entwicklung eines Nutzungskonzepts konnten die Arbeiten in der Jahnstraße beginnen. Die moderne Optik der neuen Stadthalle Lohr war umstritten.
Bild: Bez + Kock Architekten
2013
17. Oktober
Spatenstich
„Einen Meilenstein für Lohr, ein Etappenziel auf einem mühsamen und steinigen Weg“ nannte der damalige Bürgermeister Ernst Prüße den Spatenstich für die Stadthalle Lohr.
Rund 100 Gäste waren gekommen, um den Bau der Stadthalle auf den Weg zu bringen – fast sieben Jahre nach dem Abriss des alten Gebäudes.
2014
1. September
Stadthallenleiter Thomas Funck beginnt seinen Dienst
Gut zwei Jahre vor Eröffnung der neuen Stadthalle Lohr trat Thomas Funck seine Stelle bei der Stadt Lohr a.Main an.
Vom ersten Tag an begleitete er den Baufortschritt, gab Empfehlungen für die Ausstattung der Halle, entwickelte erste Marketingstrategien und begann mit Buchungen von Künstlern.
2014
23. Oktober
Grundsteinlegung
Im Grundstein der Stadthalle Lohr wurde eine Zeitkapsel eingemauert, die unter anderem die guten Wünsche der rund 150 Gäste enthält.
Bürgermeister Dr. Mario Paul schlug Seite an Seite mit dem neuen Stadthallenleiter Thomas Funck, Landrat Thomas Schiebel und Thorsten Kock mit einem Hammer symbolisch auf den Grundstein.
2015
29. April
Richtfest
In Ermangelung eines Dachstuhls hängte Bauunternehmer Adam Hörnig die Richtkrone kurzerhand im Rohbau des Stadthallen-Foyers auf.
Bauleute und einige Bürgerinnen und Bürger waren zum kleinen Festakt in den Rohbau gekommen. Bürgermeister Dr. Mario Paul begrüßte die Anwesenden zum „Deckelfest“ und bedankte sich bei allen Akteuren.
2016
ab Februar
Aufbau des Stadthallenteams und Entwicklung von Strategien
Der technische Leiter Stefan Müller und die stellvertretende Stadthallenleiterin Simone Neubauer traten im Jahr 2016 als erste ihren Dienst im Team von Thomas Funck an.
Ihren ersten großen gemeinsamen Auftritt hatten sie im April 2016 bei der MSP Expo. Dort stellte das Stadthallenteam einen eigenen Messestand auf die Beine.
2016
26. Oktober
Aufstellung der Schneewittchen-Skulptur
Überregionale Pressevertreter und etwa 300 interessierte Gäste waren in die Jahnstraße gekommen, um die Aufstellung der umstrittenen Schneewittchen-Skulptur von Peter Wittstadt mitzuerleben. Die moderne Plastik wurde auf dem Vorplatz der Stadthalle platziert.
Im Vorfeld hatte das Kunstwerk weltweit für ein überwältigendes Presseecho gesorgt, weil seine Erscheinung so gar nichts mit einem typischen Schneewittchen zu tun hat.
2016
1. Dezember
Feierliche Einweihung
Mit knapp 700 Gästen feierten die Stadtverwaltung und das Stadthallenteam die Eröffnung der neuen, modernen Stadthalle. Neben Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wurden auch etwa 100 Lohrer Bürgerinnen und Bürger zur Eröffnung eingeladen.
Architekt Thorsten Kock, Bürgermeister Dr. Mario Paul und Stadthallenleiter Thomas Funck ließen gemeinsam durch die Betätigung eines roten Buzzers den Bühnenvorhang fallen und gaben damit die Sicht auf die Lohrer Stadtkapelle frei, welche für den musikalischen Rahmen der Eröffnung sorgte. Mit Jazzmusik und Häppchen ließen die Gäste im Foyer den Abend gemütlich ausklingen.